Jiu Jitsu

Tai Jitsu / Jiu Jitsu Landesverband Thüringen e.V.

Was ist Jiu Jitsu?
Nach einer alten japanischen Sage soll der Arzt YOSHITOKI, Shirobai Akiyama in China die Kunst des waffenlosen Zweikampfes erlernt und festgestellt haben, dass man zur wirkungsvollen Ausführung der Techniken erhebliche Körperkräfte benötigt. (Nach Japan zurückgekehrt, beobachtete er an einem Wintertag in seinen Garten den Schneefall auf einen Kirschbaum und eine Weide. Während die starren Äste des Kirschbaumes brachen, bog die Weide ihre Äste geschmeidig unter der Last und blieb unbeschädigt.
Durch diese Beobachtung aufmerksam geworden, kam YOSHITOKI zu der Erkenntnis, ein Kampfsystem zu entwickeln, bei dem der Schwächere durch nachgeben - entsprechend dem "Geist der Weide" - siegen könne.)

Das Jiu Jitsu wird allgemein als "sanfte Kunst" bezeichnet, indem die Geschicklichkeit gegen die rohe Gewalt siegt, d.h. nicht hart gegen hart, sondern gegebenenfalls erst nachgeben, um die Angriffsenergie des Gegners zum eigenen Vorteil auszunutzen.

Dementsprechend kann man das Jiu Jitsu auch als "Wissenschaft von der Nachgiebigkeit" klassifizieren, es dürfte sich in seiner Endform im 18. Jh. in Japan entwickelt haben, als eine Kampfmethode der Samurai, die innerhalb des Bujutsu einzuordnen ist.

Jiu Jitsu ist ein umfassendes Kampfsystem, bei welchem u.a. Wurftechniken (Nage waza), Grifftechniken (Katame waza) und Schlagtechniken (Atemi) eingesetzt werden können, wobei in den verschiedenen Schulen (Ryu) und Stilrichtungen (Ryu-ha) unterschiedliche Technikgruppen bevorzugt werden. So ist etwa die Tenshin shinyo ryo vor allem für ihre Atemi und Festlegetechniken (Torae waza) bekannt, während Nage waza eine Spezialität der Kito ryu darstellen und die Daito ryu viele Gelenkhebeltechniken (Kansetsu waza) lehrt. Ursprünglich war das Jiu Jitsu unter verschiedenen Bezeichnungen (z.B. Hakuda, Kogusoku, Yawara etc.) ein Ausbildungsbestandteil der Samurai.

Erst mit der Öffnung vieler Ryu auch für das "gewöhnliche" Volk (Heimin) aufgrund der politischen Veränderungen der Tokugawa-Zeit (1603-1867), entstanden auch viele Schulen, deren Lehrplan hauptsächlich waffenlose Nahkampftechniken enthält.
Zur gleichen Zeit kam auch der Ausdruck "JIU JITSU", als eine Art Sammelbezeichnung für Methoden des Nahkampfes, welche mehr oder weniger ausgeprägt die Angriffsenergie entsprechend dem Prinzip "Ju yoku go sei suru" (das Weiche überwindet das Harte - "Siegen durch Nachgeben") zu ihren Vorteil nutzen, in Gebrauch.
 
Die Schreibweise des Jiu Jitsu
J(I)U, NYU, yawa(rakai), Yawa(raka) = sanft, geschmeidig, weich
JITSU (JUTSU) = Kunst, Technik, Mittel

Es kommt immer wieder zu der Diskussion über die "richtige" Schreibweise des Begriffs "Jiu Jitsu". Festzustellen ist, dass die einzige korrekte Form die Verwendung der japanischen Schrift ist. Die in drei Gruppen unterteilt wird: die sino-japanischen Kanji, bei denen ein Wort oder ein Teil eines Begriffes mit einem Zeichen wiedergegeben wird.
Die beiden Kanij für J(i)u Jitsu (Jutsu) sind im linken Teil der oben stehenden Abbildung dargestellt; die beiden anderen Gruppen sind zwei "Kana" genannte, später entstandene Silbenschriften, nämlich Katakana und Hiragana. Auf die beiden letzten braucht hier nicht näher eingegangen zu werden, da entsprechende Kanji existieren.

Für die meisten dieser Schriftzeichen gibt es zudem zumindest zwei Lesarten, die sino-japanische On- und die rein japanische Kun-Lesung. Je nach Bedeutung oder Bedeutungsnuance kann ein Zeichen auch mehrere On- bzw. Kun-Lesungen haben. In der obigen Abbildung sind die On-Lesungen in Großbuchstaben, die Kun-Lesungen mit Kleinbuchstaben dargestellt.

Für die Transkription in die lateinische Schrift gibt es verschiedene Umschrift-Systeme. Die drei bekanntesten sind Nipponshiki, Kunreishiki und Hebonshiki (Hepburn-System). Es handelt sich dabei im Prinzip um die Wiedergabe der jeweiligen Laute mit lateinischen Buchstaben. Unter Umständen kann daher auch die Umschrift eines Wortes aus der Hochsprache, bzw. aus umgangssprachlichen oder regionalen Lautfärbungen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.

In Japan selbst verwenden heute verschiedenen Regierungsämter und Ministerien unterschiedliche Umschriftsysteme. Es gibt kein weltweit "einzig anerkanntes", "Offizielles" Transkriptionssystem. Aus diesem Grund ist es nicht angebracht, eine bestimmte lateinische Schreibweise von Jiu Jitsu (Ju Jitsu, Ju Jutsu, etc.) als die einzig richtige, und daher alle anderen Formen als falsch zu bezeichnen. Abgesehen davon kann in manchen Ländern die verwendete Schreibweise ein Hinweis darauf sein, welcher Stilrichtung oder Organisation jemand angehört.
 
Quellen:
- HADAMITZKY, W (1995): Langenscheidts Handbuch und Lexikon der japanischen Schrift. Berlin und München: Langenscheidt.
- GLUCKER, A. (1934): Waffenlos siegen! Jiu Jitsu (Jiu-Do) als Selbstverteidigung und Sport. Stuttgart: Franck'sche Verlagshandlung.
- LIND, W. (1999): Das Lexikon der Kampfkünste. Berlin: Sportverlag.
- REUTER, H. (1925): Jiu Jitsu. Ein Lehrbuch für Selbstverteidigung. München: Giehrl.
- SCHMITT, G. (1992): Jiu Jitsu - Die japanische Selbstverteidigung. Berlin: Sportverlag.
- VARY, E. (1949): Jiu Jitsu. Leipzig und Zürich: Gustav Altenburg.